Hüttenfeld.„Wolfskinder: Auf dem Brotweg von Ostpreußen nach Litauen 1945-1948“: Unter dieser Überschrift firmiert eine Ausstellung im Litauischen Gymnasium, die am Donnerstag feierlich eröffnet worden ist. Der Vorsitzende der Litauischen Gemeinde in Deutschland, Alfred Hermann, und die Direktorin des Gymnasiums, Janina Vaitkiene, konnten bei der Eröffnung zahlreiche Ehrengäste begrüßen, unter ihnen auch Zeitzeugen.
Lampertheim war durch Gottfried Ohl vertreten. Gast war auch Freiherr von Stetten, der für sein starkes Engagement für die Belange Litauens und das Schicksal der Wolfskinder bekannt wurde. In ihrer Ansprache gab Vaitkiene einen ersten Eindruck vom Leid jener Kinder, die sich am Kriegsende elternlos nach Litauen auf den Weg gemacht hätten, angeblich weil es dort Brot und Kuchen in Fülle gegeben habe.
Zu Fuß und in Güterzügen hätten sie versucht, dem Würgegriff der russischen Sieger zu entkommen, etwa in dem sie sich in den Wäldern versteckt hätten. Viele hätten illegalen Unterschlupf bei litauischen Familien gefunden, denn es sei streng verboten gewesen, „kleine Deutsche“ aufzunehmen. Schätzungsweise bis zu 20 000 Kinder seien diesen Weg gegangen. Viele seien dabei umgekommen. Den bei der Feier anwesenden Schülern riet Vaitkiene, die Grausamkeiten des Krieges nicht zu vergessen.
Ehrengäste sprachen Grußworte zur Ausstellung, das Auswärtige Amt hatte finanzielle Unterstützung geleistet. Ein selbstgetextetes Lied trug eine Musikgruppe vor, ehe Wolfgang Hermann Freiherr von Stetten die Festrede hielt. Stetten hatte in den 1990er Jahren für Entschädigungen und die Wiedereingliederung von ehemaligen Wolfskindern gekämpft.
Dazu gehörte auch praktische Hilfe durch Spendensammlungen oder Beseitigungen bürokratischer Hindernisse zur Wiedererlangung der persönlichen Identität. Ausdrücklich bedankte er sich für die Hilfe der Litauer, die den Hungertod tausender Kinder verhindert hätten. Auch die Litauer hätten die Rote Armee als Feinde empfunden. Trotzdem seien Tausende aufgegriffen und später in Waisenhäuser in die DDR gebracht worden.
Siegried Gronau ist eines der noch lebenden Wolfskinder. Ausführlich schilderte er seinen Lebenslauf mit den unglaublichen Erlebnissen bei seinem Exodus aus Ostpreußen über die Memel. Manchmal um Worte ringend, wenn die Erinnerungen zu stark wurden, ließ er eine finstere Welt wiedererstehen. In der Ausstellung sind Einzelschicksale mit Bildern und Namen großflächig dokumentiert. Sie ist bis Dezember für Interessierte zu besichtigen.
© Südhessen Morgen, Donnerstag, 18.10.2018