Mein Praktikum im FRTC der Berufsfeuerwehr Frankfurt – Ein Bericht
Am Ende unseres Schullebens stehen wir vor einer besonderen Entscheidung, um eine Antwort zu finden, helfen weder Spickzettel noch Lückentexte und schon gar keine Probeklausur. Denn es gibt keinen Musterlösungsweg.
Die Aufgabenstellung lautet schlicht: „Entscheiden Sie über Ihre (berufliche) Zukunft!“
Aber es gibt etwas Anderes, auf das man in diesem Moment vertrauen kann: Praktika und die tatkräftige Unterstützung durch Frau Dr. Hoffmann.
So hatte ich vom 12.07.2021 bis zum 16.07.2021 die Möglichkeit ein Praktikum im Feuerwehr- und Rettungstrainingscenter der Berufsfeuerwehr Frankfurt zu absolvieren. Nochmals Danke an alle, die mir dies ermöglicht haben.
Im FRTC findet die Aus- und Fortbildung der Berufs- und Freiwilligen Feuerwehren der Stadt Frankfurt statt. Als idealen Trainingsort zeichnet sich das FRTC vor allem durch seine Flexibilität aus, so lassen sich beispielsweise in den Übungsgebäuden die Raumaufteilung eines jeden Raumen durch Stellwände und Möbel verändern.
Das „Herzstück“ bildet die 1000qm große Übungshalle, in der ein Straßenzug mit verschiedenen Gebäuden, vom zweigeschossigen Reihenhaus, bis zu einem insgesamt sechsgeschossigen Wohn- und Geschäftshaus mit zusätzlichem Kellerraum und der Nachbildung einer KFZ-Werkstatt im Erdgeschoss. Zudem ist in diesem Gebäude eine Brandsimulationsanlage mit mehreren, flexibel einsetzbaren gasbetriebenen Brandstellen integriert und kann in verschiedenen Geschossen im Wohnungsbereich genutzt werden. Alle Gebäude sind komplett, inklusive der Dächer und unabhängig von Witterung und Jahreszeit beübbar.
Das FRTC bietet somit fast grenzenlose Übungsmöglichkeiten, so gibt es eine nachgebaute U-Bahn- Station mit U-Bahn, eine Realbrandanlage, das Freigelände mit einer Übungsanlage Bahn und Baukran. Im Akademiegebäude findet sich ein Fahrsimulator, die Atemschutzübungsstrecke und natürlich auch Unterrichtsräume.
In meiner Praktikumszeit habe ich den aktuellen Grundlehrgang der BF Frankfurt begleiten können. Der Grundlehrgang dauert 6 Monate, ist modular ausgebaut und schließt mit diversen Theorie- und Praxisprüfungen ab. Darüber hinaus habe ich an der zentralen Fortbildung 2021 mit den Fachthemen Tiefgaragenbrände und Atemschutznotfall, sowie an einer Gefahrgutübung, Selbstrettungsübung (Abseilen aus dem 2. OG) und einer Rettungsdienstfortbildung teilgenommen. Zudem konnte ich vor Ort eine Atemschutzbelastungsübung absolvieren.
Aber zurück zum Grundlehrgang: wir können uns die Ausbildung als Füllen eines Werkzeugkastens versinnbildlichen. Jedes Ausbildungsmodul ist demnach ein Werkzeug, mit einem speziellen Anwendungsbereich. So gibt es ein Modul „Atemschutz“ – dieses wäre beispielsweise ein Hammer und das Modul „Tragbare Leitern“ der 10er Ringschlüssel.
Im Einsatz muss dann das richtige Werkzeug zum richtigen Zeitpunkt genutzt und die richtige Problemlösungstechnik, das heißt die Verknüpfung der einzelnen Module, um das Ziel: die Gefahrenabwehr zu erreichen, gewählt werden. Die Herausforderung hierbei liegt darin, dass jeder Einsatz anders ist. Bereits eine Veränderung der Tageszeit ändert die Rahmenbedingungen der Lage drastisch, so ist nachts immer mit Personen in Wohnungen, tagsüber jedoch vor allem mit älteren Menschen zu rechnen, diese Faktoren wirken sich alle auf die Wahl der richtigen taktischen und operativen Werkzeuge aus.
Während ich den Grundlehrgang begleitet habe, nach etwa drei Monaten Lehrgangszeit, also der
Hälfte der Lehrgangsdauer, ging es um das Fachthema „Vorgehen zum Brandraum“. Verknüpft sind hierbei die einzelnen Module: FwDV3 Einheiten im Lösch- und Hilfeleistungseinsatz, Atemschutz, Gefahrenlehre, Sprechfunk, Tragbare Leitern, Begehen von Treppen, Knoten, Schlauchmanagement, Suchtechniken, Strahlrohrhandling und die Türöffnungsprozedur.
Ein typisches Modul ist diese „Türöffnungsprozedur“. Sie ist ein klar geregeltes Standartvorgehen. Diese möchte ich nun kurz erläutern, um einen Einblick in die Details der Ausbildung zu geben. Inhalt dieses Moduls ist das richtige und sichere Öffnen von Türen im Brandobjekt unter umluftunabhängigen Atemschutz. Das heißt der Truppführer sichert die Tür mit Axt oder Bandschlinge zum Öffnen und Schließen und geht hinter der Tür in Deckung. Grund hierfür ist, dass die Möglichkeit von auftretenden Phänomenen der schnellen Brandausbreitung, wie zum Beispiel eine Rauchgasdurchzündung, besteht. Dies ist bei unterventilierten Bränden, Verbrennungen mit zu wenig Sauerstoff, durch die moderne Bauweise möglich. Der Truppmann geht nach Öffnen der Tür mit Hohlstrahlrohr in geduckter Haltung einen Schritt in den Raum vor. Ist dieser mit heißen Rauchgasen gefüllt, werden diese durch Sprühstöße gezielt abgekühlt und danach, bzw. bei einem
„kalten“ Raum direkt, weiter vorgegangen. Hierbei ist auf saubere Kommunikation zwischen den Truppmitgliedern und eine sichere und richtige Ausführung zu achten.
Dieses Modul war dann in eine Einsatzübung zum Thema „Vorgehen zum Brandraum“, Ausgangspunkt Einsatzfahrt in Staffelstärke (6 Einsatzkräfte; 2 Trupps unter Atemschutz, Maschinist und Staffelführer), eingebunden. Der Türöffnungsprozedur gehen also die fiktive Anfahrt, auf der sich mit Atemschutz ausgerüstet wird, der Einsatzbefehl, der Anmarsch über die Treppe oder die Tragbare Leiter, das Schlauchmanagement und diverse Funkgespräche voraus. Während danach das Absuchen von Räumen unter Nullsicht, die Menschenrettung und die Brandbekämpfung erfolgen. Jedes komplexe Einsatzszenario wird also durch die „richtige“ Kombination der einzelnen Module Schritt für Schritt abgearbeitet. Gerade diese Verknüpfung unterschiedlichster Module und Fachthemen unter Einsatzbedingungen macht die Arbeit der Feuerwehr herausfordernd und spannend, lageangepasstes Handeln ist hier das oberste Gebot.
Ich hatte dank engagierter Ausbilder die Möglichkeit in dieser vergleichsweisen kurzen Zeit viel praktische Erfahrung zu sammeln. Zudem möchte ich die von mir erlebte gute Kameradschaft hervorheben.
Insbesondere tiefergehendes Fachwissen habe ich jedoch in diesem Bericht nur anreißen können, viel wichtiger ist es mir diesen Rahmen zu nutzen, um Sie für das Thema Sicherheit im Allgemeinen zu sensibilisieren. (Achten Sie auf Flucht- und Rettungswege!?; Schließen Sie ihre Tür bevor Sie schlafen!?; Rettungskarte hinterlegt!?; => Sehen, Denken, Handeln!!!) Darauf komme ich auch gerne an einem anderen Zeitpunkt ausführlich zurück.
So blicke ich auf viele Eindrücke und Erfahrungen zurück. Diese Praktikumszeit hat mich nochmals darin bestätigt Verantwortung zu übernehmen und mich in der Feuerwehr zu engagieren, „(…) dem nächsten zur Wehr“, denn das ist einfach die „richtige“ Entscheidung. Dies spiegelt sich auch in meinem Erleben der Hochwasserkatastrophe in NRW und RLP, die in ebendieser Woche für Leid unvorstellbaren Ausmaßes sorgte. Rund 190 Menschen, darunter mindestens sechs Feuerwehrangehörige starben. Mögen sie in Frieden ruhen und wir ihnen ein ehrenvolles Andenken bewahren. Helfen, im Großen und im Kleinen, da bin ich nun überzeugt, ist immer eine gute Entscheidung.
In diesem Sinne wünsche ich euch allen viel Erfolg bei euren Praktika und euren zukünftigen Entscheidungen.
Benjamin, Kl. 13
Zum Thema Betriebspraktikum:
Nach dem verpflichtenden Orientierungspraktikum in Klasse 9 findet auch in Klasse 11 ein verpflichtendes Betriebspraktikum statt. Die Unterlagen dazu wurden bereits vor den Sommerferien verteilt. Die Praktika werden von den PoWi – Fachlehrkräften betreut.
Ebenso ist ein individuelles Praktikum oder ein Schnupperstudium an einer Universität/Hochschule möglich. Für dieses ist ein Antrag auf Befreiung vom Unterricht mit Angabe von Praktikumsstelle, Kontaktperson und Termin bei der Oberstufenleiterin zu stellen. Nach erfolgtem Praktikum ist eine Bescheinigung vorzulegen.
Ein sehr gutes Beispiel für ein solches Praktikum und dessen Erfolg schildert uns der obige ausführliche Bericht von Benjamin.
Kontakt: gabriele.hoffmann@litauischesgymnasium.de