Am 21. März besuchten die Schülerinnen und Schüler der Deutschkurse der 12. Klasse die Aufführung „Woyzeck“ des Nationaltheaters Mannheim im Alten Kino Franklin (Organisation: S. Haffa, Dr. G. Hoffmann). Dorthin ist während der Renovierung des Nationaltheater das Schauspiel „ausgelagert“.
Büchners Fragment „Woyzeck“ steht auch in den nächsten Landesabituren auf der Lektüreliste für das Fach Deutsch und ist immer noch eines der meist aufgeführten Schauspiele auf deutschen Bühnen. Es ist die Story vom Soldaten Woyzeck, der durch sein Leben hetzt, von allen ausgenutzt und erniedrigt wird, Wahnvorstellungen entwickelt und ausrastend Marie, mit der er ein Kind hat, umbringt. Der Regisseur Branko Janack und das Ensemble des Nationaltheaters übertragen die Geschichte auf die Gegenwart, betrachten die Beziehungen zwischen den Figuren und versuchen die Machtverhältnisse zu verdeutlichen.
Die Art der Inszenierung mit grellen Lichteffekten und teilweise lauter Musik ließ bei den Besuchern so manche Frage offen und man verstand nach dem Besuch so manches nicht und suchte nach Erklärungen. Ganz im Sinne Büchners war es also kein bequemer Theaterabend.
Bei den Kommentaren der Schülerinnen und Schüler (Auszüge) geht es so auch immer wieder um den Vergleich mit der im Unterricht bereits bearbeiteten Lektüre:
„Zum Beispiel war Marie in einer Szene schwanger und hatte ein kleines Kind an ihrer Seite, in einer anderen Szene war sie jedoch nicht schwanger und hatte keinen Bauch. Ihre Figur wurde zudem zu dominant dargestellt. Zudem fand ich es seltsam, dass sie am Ende mehr als zehnmal umgebracht wurde und immer wiederauferstanden ist. Das Stück wurde modernisiert, und das hat mir persönlich nicht so gut gefallen.“ (Ayse)
„Der Tambourmajor war auch sehr witzig, er hat sich auf sehr femininer Weise angestellt, zum Gegenteil vom Originalwerk. Er hat sich sehr exzentrisch benommen und war oft Grund zum Schmunzeln. Das Gruselige, bessergesagt Aggressive am Tambourmajor im Originalwerk war verschwunden.
„Ich fand es interessant, dass manche Rollen, die in Büchners Werk männlich waren, im Schauspiel von Frauen gespielt wurden … Der Doktor und der Hauptmann waren beide Frauen, was ich aber gut fand. Außerdem wurden statt Bart – Arme und Beine rasiert, das fand ich sehr lustig.“ (Laura)
„Die moderne Inszenierung Woyzecks ließ den Zuschauer sich bei einigen Veränderungen wundern, warum diese gewählt wurden. Das schlichte Bühnenbild verdeutlichte wohl die Tristheit Woyzecks Leben und ermöglichte durch die Lichtgestaltung eine Darstellung den Wahn, in dem Woyzeck lebt. Des Weiteren verdeutlicht das käfighafte des Bühnenbildes wohl den gesellschaftlichen „Käfig“, in dem Woyzeck gefangen ist. Als Verdeutlichung des Wahnes dient wohl auch die eingegliederte biblische Endzeiterzählung, die Woyzeck zu hören scheint. Wieso Woyzeck allerdings währenddessen durch die ihn umgebenden Personen „angemalt“ wird, erschließt sich dem Zuschauer nicht. Die Frage nach dem Grund des Mordes Woyzecks an Marie würde sich ohne Kenntnis des Werkes wohl nicht auf den ersten Blick beantworten lassen, da zwar Woyzecks Hetzen von einem Beruf zum nächsten dargestellt wird, doch seine Armut und die äußeren Bedingungen nicht in dem Maße deutlich werden, wie im Werke Büchners.“ (Hilard)
Es lag also nahe, die offenen Fragen mit jemanden zu klären´, der/die sich mit der Inszenierung befasst. Dazu organisierte Frau Dr Hoffmann einen Theaterworkshop mit der Theaterpädagogin des Nationaltheaters Ronja Gerlach.
Am 23. April erarbeitete diese mit den Schülerinnen und Schülern die offenen Fragen zum Bühnenbild (die Bühne als Gefängnis beschreibt Woyzecks Lebenssituation), zu den Figuren und dem modernen gesellschaftlichen Bezug in einem kurzweiligen Workshop mit vielen Aktivitäten. Dabei erfuhren die Teilnehmerinnen und Teilnehmer auch einiges mehr über das Theater, den Regisseur, die Schauspieler überhaupt. Herzlichen Dank an Frau Gerlach!
GH