Der Festakt des Kreises Bergstraße zum Tag der Deutschen Einheit fand dieses Jahr im historischen Rathaus Bürstadt statt. Die geladenen Gäste aus Politik, Kultur sowie von Vereinen und Institutionen erlebten dabei ein ausgewogenes Programm aus Musik und anspruchsvollen Reden.
Der Festakt des Kreises Bergstraße zum Tag der Deutschen Einheit fand dieses Jahr im historischen Rathaus Bürstadt statt. Die geladenen Gäste aus Politik, Kultur sowie von Vereinen und Institutionen erlebten dabei ein ausgewogenes Programm aus Musik und anspruchsvollen Reden.
Nach einer kurzen musikalischen Einführung durch das Bläserquintett "Presto", die später noch mit einem virtuosen "Canon" von Johann Pachelbel und zum Ausklang mit einem spanischen Marsch glänzten, begrüßte der Bürgermeister Bürstadts, Herr Alfons Haag, die Gäste. Herr Matthias Wilke, Landrat des Kreises Bergstraße, betonte in seiner folgenden Ansprache die Einzigartigkeit des 3. Oktobers für die Deutschen. Mit Betrachtungen zu den osteuropäischen Staaten sowie die zwei mal 22 Jahre Freiheit und Selbstbestimmung für das litauische Volk seit dem Ersten Weltkrieg leitete er auf die Festrede Rimas Čuplinskas’ (Vorsitzenden des Kuratoriums des Litauischen Gymnasiums, Direktor des Europäischen Litauischen Kulturzentrums sowie Geschäftsführer des Litauischen Gymnasiums) über.
Herr Čuplinskas hielt eine viel beachtete, teilweise sehr persönliche Rede, in der er über die Flucht seiner Großeltern aus Litauen, seine Kindheit in Kanada und schließlich seine Ankunft am Litauischen Gymnasium berichtete. Die Ursache für die Teilung Europas machte er im Hitler-Stalin-Pakt (23.08.1939) aus, dessen Folgen auch zur Teilung Deutschlands im Kalten Krieg führte. Doch diese Teilung wurde mit den Ereignissen von 1989 und der formellen Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten am 03. Oktober 1990 überwunden. Aber auch die Menschen Litauens trugen zur Überwindung dieser Teilung Europas teil, indem sie über den legendären "Baltischen Weg" vom 23.08.1989 (50. Jahrestag des Hitler-Stalin-Paktes), bei dem über 2 Millionen Menschen eine rund 600 km lange Menschenkette von Vilnius über Riga nach Tallin bildeten, die Unabhängigkeitserklärung Litauens am 11. März 1990 vorbereiteten.
„Wir sind das Volk“ war schließlich das Motto, welches den Regierenden zeigte, dass sie nicht gegen das Volk regieren können. Doch Čuplinskas wies den Blick auch auf die noch immer bestehenden „gefühlten“ Unterschiede zwischen Ost- und Westdeutschen, die Tatsache, dass auch 22 Jahre nach der Wiedervereinigung noch immer jeder fünfte Westdeutsche noch nie in Ostdeutschland gewesen ist sowie die gewünschten aber derzeit nur wenig verstandenen Unterschiede der Europäer. So bliebe die Verpflichtung Deutschlands zur deutschen Einheit auch eine Verpflichtung der Deutschen zur europäischen Einheit. Dies nicht zu vergessen fiele aber immer schwerer, da immer mehr jüngere Menschen eben die Zeit der Teilung oder Okkupation nicht erlebt hätten. Das Ziel sei also noch lange nicht erreicht, aber manchmal sei auch „der Weg das Ziel“, so die Schlussworte Čuplinskas’. Lang anhaltender Applaus der Festgemeinde belegte die überaus hohe Qualität der Festrede. Herrn Čuplinskas wurde mit einer blau-gelben Europa-Torte, welche die Flaggen Deutschlands und Litauens zeigte, für seine ambitionierte Festrede gedankt.
Im Anschluss sorgten die Schülerinnen und Schüler des Litauischen Gymnasiums mit teilweise modernisierten litauischen Volksliedern für eine aufgelockerte Stimmung unter den Zuhörern. Das Vokalensemble trug dabei mehrere Lieder virtuos vor, begleitet durch einen Teil des Orchesters des Gymnasiums, das erfolgreich den schwierig zu spielenden 3. Satz der Sonate A-Dur KV 331 "Türkischer Marsch" von W. A. Mozart darbot und dafür stürmischen Applaus erhielten. Den Kindern und Jugendlichen wurde danach persönlich für ihren Auftritt auch durch ein kleines Gastgeschenk gedankt.
Bevor die Festgäste zusammen mit den Musikern des Bläserensembles "Presto" sowie den Schülerinnen und Schülern des Litauischen Gymnasiums die Deutsche Nationalhymne sowie die 9. Symphonie von Ludwig van Beethoven mit dem Text "An die Freude" von Friedrich Schiller sangen, hielt der Kreistagsvorsitzende Werner Breitwieser ein kurzes Schlusswort. Ein Umtrunk, an dem auch die Schülerinnen und Schüler des Gymnasiums teilnahmen, rundete den Festakt nach etwa zwei Stunden ab.
Die Schulleitung des Litauischen Gymnasiums dankt an dieser Stelle den teilnehmenden Schülerinnen und Schülern für ihr außergewöhnliches Engagement und die Bereitschaft, das Gymnasium auch an einem schulfreien Tag in der Öffentlichkeit zu vertreten.
Bernhard Conrad