Litauischer Finanzminister zu Besuch in Hüttenfeld

Hohen Besuch zu empfangen, gehört am Litauischen Gymnasium in Hüttenfeld schon fast zur Routine. Doch angesichts der angespannten politischen Lage im Osten Europas und den aktuellen Währungsplänen der Baltenrepublik wird der Besuch von Finanzminister Rimantas Sadzius gestern mit großer Spannung erwartet.

Hohen Besuch zu empfangen, gehört am Litauischen Gymnasium in Hüttenfeld schon fast zur Routine. Doch angesichts der angespannten politischen Lage im Osten Europas und den aktuellen Währungsplänen der Baltenrepublik wird der Besuch von Finanzminister Rimantas Sadzius gestern mit großer Spannung erwartet.

Als die schwarze Staatskarosse gegen 12 Uhr im Hof von Schloss Rennhof einrollt, hat Sadzius schon einen wichtigen Termin hinter sich: In der Finanzmetropole Frankfurt hat er am Vormittag Gespräche mit dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank (EZB), Mario Draghi, über den Beitritt Litauens zur Eurozone geführt.

Mit dem Ergebnis scheint er nicht unzufrieden. Rimantas Sadzius ist gut gelaunt, freut sich, als ihn die Schüler – in den farbenfrohen Trachten ihres Heimatlandes – mit Brot und Salz willkommen heißen und staunt über das Hüttenfelder Schlösschen. "Vielleicht gibt es hier einen Schatz", sagt er scherzhaft. Doch hofft nicht jeder Finanzminister insgeheim auf wertvolle Einlagen für die Staatskasse? Gerade wenn eine Währungsumstellung bevorsteht?

"Verlieren wir mit dem Wechsel von Litas auf Euro nicht einen Teil unserer Traditionen?", möchte denn auch gleich ein Schüler beim Gespräch im Konferenzraum vom Minister wissen. "Der Litas ist ein Teil meines Lebens. Aber er ist ein Zahlungsmittel und kein Denkmal", erklärt Sadzius. "Und warum sollten wir uns mit einem Markt von drei Millionen Litauern begnügen, wenn wir den Euroraum mit 330 Millionen Einwohnern haben könnten?"

Die Ängste – vor steigenden Preisen bei nicht ganz so schnell steigenden Löhnen – gleichen denen in Deutschland. Doch eines macht der Finanzminister immer wieder klar: "Es ist wichtig, dass wir Litauer im Westen angekommen sind. Früher war das Hüttenfelder Gymnasium wie ein Leuchtturm in der freiheitlichen Welt. Jetzt sind wir in Nato und EU fest verankert."

Zu den Bündnissen gehört Litauen seit zehn Jahren. Und seit Beginn der Ukraine-Krise tragen beide zur Beruhigung der Bewohner des Baltenstaates bei. Besonders an der Grenze zum Kaliningrader Gebiet, das zu Russland gehört. "Bei uns herrscht keine Panik", meint Sadzius lächelnd. "Aber dennoch existiert eine gewisse Anspannung. Gerade bei den Menschen, die sich noch an die Zeit der sowjetischen Besatzung erinnern."

Für Litauer sei der größte Wert der Frieden, macht der Finanzminister bei seiner Unterhaltung mit Schülern und Lehrern in Hüttenfeld immer wieder deutlich. "Bei uns gibt es auch kein Problem mit der russischen Minderheit", betont Rimantas Sadzius.
Schon seit dem Mittelalter leben einige Russen und Polen in Litauen. Sie haben heute einen litauischen Pass, eigene Schulen, Theater, Zeitungen, TV-Stationen und sind auch an der Regierung des Landes beteiligt. "Wir kommen also gut miteinander aus, haben aber auch gelegentlich mal Diskussionen", schmunzelt der Minister.

Trotz seiner guten Laune will sich Sadzius nicht zu einem Tipp für den Ausgang der litauischen Präsidentschaftswahl, die am 25. Mai ansteht, hinreißen lassen. "Nach der ersten Runde gibt es zwei sehr starke Kandidaten: einer von mir und einer von den anderen." Die parteilose Amtsinhaberin Dalia Grybauskaite und ihr Herausforderer Zigmantas Balcytis, Sozialdemokrat wie Sadzius. "Beide stehen aber für den Beitritt Litauens in die Eurozone", meint der Finanzminister ganz versöhnlich, "und das ist für uns enorm wichtig."

Weiter geht der Rundgang durch die Schule: in einen Raum für Naturwissenschaften, die Bibliothek und zum Essen mit Jugendlichen, Pädagogen, Direktorin Brone Narkeviciene und dem litauischen Botschafter Deividas Matulionis, der ebenfalls nach Hüttenfeld gekommen ist.

Einen Schatz hat Finanzminister Sadzius in Schloss Rennhof übrigens doch noch gefunden: "Es sind die Menschen hier", sagt er voller Überzeugung. "Litauer und Deutsche, die gemeinsam lernen, leben und gut zusammenarbeiten." Damit seien sie Vorbild für viele und ihre Schule bleibe ein Symbol für Frieden und Freiheit.

14.05.2014
Südhessen Morgen
Daniela Hoffmann