Wenn persönliches Schicksal auf Weltgeschichte trifft
Theaterinszenierung über Flucht und Ankunft in Deutschland 1945
Ein altes Kofferradio, ein Over-Head-Projektor, ein Berg aus Stühlen – weiße Laken darüber geworfen. Dies bildete die Kulisse im Internatssaal für das 50-minütige Theaterstück DIE LETZTE O., das am 1. Okto-ber 2024 bei uns zu Gast war. Darin vermischen sich historische Erläuterungen mit Spielszenen, Livelesun-gen aus einer Originalbiografie, Lichtinstallationen und Klangkulissen. So wird mosaikartig eine wahre Fluchtgeschichte am Ende des Zweiten Weltkriegs von Danzig nach Hamburg erzählt.
Dabei hörten die Schülerinnen und Schüler der Oberstufe (Klassen 11, 12 und 13, Organisation: Dr. Gab-riele Hoffmann) kurze Auszüge aus Audiointerviews, in denen eine 92-jährige Großmutter ihrer Enkelin die eigene Lebensgeschichte erzählt. Die Enkelin ist Janina Sachsenmaier, deren Stückidee 2021 ein Sti-pendium im Programm JUNGE KUNST UND NEUE WEGE des Bayerischen Ministeriums für Wissenschaft und Kunst erhalten hatte.
Inzwischen zeigt die Theaterpädagogin mit ihrer Kollegin Julia Höhfeld ihre biografisch-dokumentarische Inszenierung im Geschichts-, Deutsch- oder Politikunterricht der weiterführenden Schulen.
Den Schwerpunkt hat sie in der Inszenierung nicht auf das Trauma der Flucht gelegt, sondern auf die menschliche Stärke, dem Leben mit innerer Antriebskraft zu begegnen. Als Janina Sachsenmaier 2020 ihre Großmutter interviewt hat, ist ihr bewusst geworden, wie viel Durchhaltevermögen sich in deren Le-bensweg widerspiegelt: Obwohl ihre Oma „für die Leute hier ein Eindringling“ gewesen sei, wie die Großmutter selbst es beschrieben hat, ging sie entschlossen ihren Weg, holte im zerbombten Deutsch-land ihren Schulabschluss nach, finanzierte sich ihr Studium durch Gelegenheitsjobs und gründete eine eigene Familie.
Gleichzeitig geht es ihnen, wie sie im Abschlussgespräch hervorhoben, darum sich über Fluchtbiografien zu unterschiedlichen Zeiten bewusst zu werden.
Für Fragen der Jugendlichen wie „Ist das echt Ihre Oma?“, „Gibt es das Buch der Oma zu kaufen?“, aber auch Fragen zum schauspielerischen Können, nahmen sich die beiden jungen Frauen anschließend in der Nachbereitungsphase Zeit.
So kommentierten die Zuschauerinnen und Zuschauer die Vorstellung mit ergreifend, interessant, berüh-rend, chaotisch (die Flucht), und bewunderten das Heraustreten aus der Rolle in die Moderation und zu-rück (den Perspektivenwechsel).
Gefördert wird das Projekt unter anderem durch die Friedrich Stiftung, Hannover.
Auch der Elternfonds des Litauischen Gymnasiums unterstützte diese Theateraufführung bei uns.
GH / (Text teils aus der Pressemitteilung theaterimklassenzimmer)